Nach der Pleitewelle und den angekündigten Massenentlassungen wollen mehrere Bundesländer Widerstand gegen die Kürzung der Sonnenstrom-Vergütung leisten. Dafür bleibt ihnen nur der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Doch selbst hier ist eine Mehrheit fraglich.

Nach immer neuen Pleiten und Werksschließungen in der ostdeutschen Solarindustrie formiert sich Widerstand gegen die geplante Kürzung der Solarsubventionen. "Es geht um eine Grundsatzentscheidung für Deutschland", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der Süddeutschen Zeitung. Die Solarindustrie, die mit Milliardenaufwand aufgebaut worden sei, drohe, "wie ein Kartenhaus zusammen zufallen".

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sieht das ähnlich. "Zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen passt in dieser Frage kein Blatt", sagte sie der SZ. Anfang April hatte der einstige Weltmarktführer Q-Cells in Bitterfeld Insolvenz angemeldet; an diesem Dienstag verkündete der zweitgrößte Solarzellenhersteller der Welt, First Solar, die Schließung seines Werkes in Frankfurt/Oder.

"Das ist ein Endkampf, der da gerade abläuft" kommentierte Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) Entwicklung. "Diesmal geht es ans Eingemachte." Auch viele kleinere Solarfirmen kämpfen derzeit ums Überleben, die meisten sind in Ostdeutschland ansässig. Die Branche macht vor allem die jüngste Kürzung der Solarsubventionen für den Exodus verantwortlich. Diese habe die ohnehin angespannte Lage zusätzlich verschärft.

Die Verärgerung in den ostdeutschen Ländern ist groß. Vom Bundeswirtschaftsministerium komme "gar nichts", sagte Haseloff. Dabei gehe es "um eine Grundsatzentscheidung für Deutschland", ähnlich dem Kraftakt der Wiedervereinigung. Um die Energiewende durchzusetzen, müssten "dreistellige Milliardenbeträge in den nächsten Jahren bewegt werden". Noch sehe er dafür aber kein Konzept; spätestens nach der nächsten Wahl müsse ein Energieministerium die Regie übernehmen. Mitte Mai wollen die Länderchefs das alles auch bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel vorbringen.

In der derzeitigen Auseinandersetzung bleibt den Ländern nur noch der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, um die Kürzungen zu mildern. Doch selbst hier ist eine Mehrheit fraglich. Sozialdemokraten, Grüne und Linke wollen ihn anrufen, kommen aber gemeinsam nur auf 26 der 69 Stimmen im Bundesrat. Selbst zusammen mit Thüringen und Sachsen-Anhalt, beide regiert von einer großen Koalition, kommen nur 34 Stimmen zusammen - eine Stimme zu wenig für die nötige Mehrheit.

Weil die schwarz-gelb regierten Länder für die Kürzung stimmen wollen, müssten entweder Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern für die Anrufung stimmen. In Berlin, wo der einstige Börsenstar Solon betroffen ist, hieß es, der Senat stehe der Kürzung "kritisch gegenüber". Eine Entscheidung aber haben SPD und CDU noch nicht gefällt. Obendrein ist der Termin der Bundesrats-Abstimmung recht heikel: Der 11. Mai liegt nur zwei Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, wo ausgerechnet Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) antritt.

Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht will hart bleiben, komme was wolle. Es gehe um eine "massive industriepolitische Auseinandersetzung", sagt sie. "Weiße Salbe hilft da nichts."

Quelle: Süddeutsche.de
Link: http://www.sueddeutsche.de/politik/erneuerbare-energien-ost-laender-kaempfen-fuer-solarindustrie-1.1337064