13.09.2011

Regierungsberater wollen Solarförderung abschaffen

Staatliche Garantiepreise und Einspeisevergütung sind falsch, befindet die Monopolkommission in einem Sondergutachten. Besser sei ein Quotensystem. Die Deutsche Monopolkommission hat sich mit einem radikalen Vorschlag in die Debatte um die Ausgestaltung der ökologischen Energiewende eingeschaltet. Das unabhängige Beratergremium der Bundesregierung plädiert dafür, erneuerbare Energien in Deutschland künftig nicht mehr durch gesetzliche Garantiepreise zu fördern.

Auch der Einspeisevorrang für Ökostrom sei nicht marktkonform, heißt es in dem Sondergutachten der fünfköpfigen Expertengruppe. Es sei „bedauerlich“, dass bei der jüngsten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eine marktkonformere Ausgestaltung unterblieben ist, sagte der Vorsitzende der Expertengruppe, Justus Haucap in Berlin.

Ersatz durch Quotensystem

„Die Monopolkommission schlägt den Wandel zu einem Quotensystem vor, in dessen Rahmen Stromhändler verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil an erneuerbaren Energien in ihrem eigenen Beschaffungsportfolio vorzuhalten.“

Die Mitglieder der Deutschen Monopolkommission werden für jeweils vier Jahre vom Bundespräsidenten berufen. Das Gremium soll der Bundesregierung regelmäßig in Haupt- und Sondergutachten über den Stand des Wettbewerbs in verschiedenen Wirtschaftssektoren Bericht erstatten. Der derzeitige Vorsitzende der Kommission, Justus Haucap, ist Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

In Summe laufen die Vorschläge der Monopolkommission auf die vollständige Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hinaus, das bislang weithin als Erfolgsmodell gilt. Nach dem EEG darf jeder Betreiber einer Ökostrom-Anlage seine Kilowattstunden zu einem auskömmlichen, gesetzlich garantierten Tarif vorrangig ins Stromnetz einspeisen. Die Netzbetreiber legen die EEG-Vergütung über die Stromrechnung auf alle Verbraucher um.

Dieses System hat dazu geführt, dass sich der Anteil erneuerbarer Energien in den vergangenen fünf Jahren auf rund 20 Prozent verdoppelt hat. Allerdings stieg die EEG-Gesamtvergütung in diesem Zeitraum auch von 4,5 Milliarden Euro auf rund 17 Milliarden Euro. Mussten die Verbraucher im Jahre 2009 nur 1,2 Cent pro Kilowattstunde als EEG-Umlage abführen, waren es in diesem Jahr bereits 3,5 Cent pro Kilowattstunde. Nach vorläufigen Daten der Netzbetreiber ist ein weiterer Anstieg der Ökostrom-Umlage wahrscheinlich.

Grundsätzlich werden durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz „knappe Ressourcen einer fraglichen Verwendung zugeführt und können an anderer Stelle nicht mehr zur Verfügung stehen“, kritisieren die Wettbewerbsökonomen nun. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz setze Anreize, Ökostrom-Technologien ganz unabhängig von der spezifischen Nachfrage oder den klimatischen Gegebenheiten zu fördern.

Dies bewirke „eine Diskrepanz zwischen den Kosten einerseits und dem tatsachlichen Beitrag zur Stromerzeugung andererseits.“ Zudem könne es „auch nicht Aufgabe des Staates sein, unternehmerische Risiken zu verhindern.“

Aus Sicht der Kommission fördert das Erneuerbare-Energien-Gesetz „nicht per se eine umweltfreundliche Erzeugung, sondern konzentriert sich auf einen vergleichsweise engen Ausschnitt möglicher Verfahren zur Vermeidung von Emissionen.“

Selbst wenn die heute geförderten EEG-Technologien langfristig einmal marktfähig sein sollten, sei damit noch nicht gesagt, dass man CO2-Emissionen nicht auch kostengünstiger hätte vermeiden können, heißt es im Gutachten: „Die Entwicklung solcher Technologien wird aber durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit zusätzlichen Opportunitätskosten belastet und im Grenzfall sogar verhindert.“ Insoweit würden „auch nicht unbedingt Zukunftstechnologien gefördert, mit denen sich künftig bedeutende Markte erschließen ließen.“

Einen Beleg für die Fehlentwicklung, die das EEG ausgelöst hat, sehen die Gutachter in dem rasanten Ausbau der Fotovoltaik. „Obgleich Deutschland ein vergleichsweise sonnenarmes Land ist, besitzt es fast 50 Prozent der weltweit installierten Fotovoltaik-Kapazität“, kritisieren die Wissenschaftler: Die maximale Solarstromerzeugung finde „im Sommer zur Mittagszeit statt, obwohl die höchste Nachfrage nach Strom in Deutschland in den frühen Abendstunden im Winter auftritt.“

Eine solch „ineffiziente Verwendung nur begrenzt vorhandener finanzieller Mittel und Ressourcen zulasten aller Stromverbraucher“, sei fragwürdig: Es erscheine „ökonomisch weitaus vorteilhafter, zunächst kostengünstigere Technologien mit höherem Wirkungsgrad zu erforschen und zu entwickeln, bevor, wie im Falle der Solartechnologie, eine ineffiziente, teure Technik in einem klimatisch ungeeigneten Umfeld unter Inkaufnahme von Subventionen in dreistelliger Milliardenhöhe weiter verbreitet wird.“

Das von der Monopolkommission vorgeschlagene Quotenmodell habe den Vorzug, dass es erstmals für Wettbewerb unter den verschiedenen Ökostrom-Arten selbst sorge, sagte Haucap vor Journalisten in Berlin. Solarstrom werde bei so einem Kostenwettbewerb vermutlich „sehr schnell hinten runter fallen“. Die Ausbauziele der Bundesregierung ließen sich mit Hilfe des Quotensystems allerdings marktgerechter und für die Verbraucher kostengünstiger erreichen.

Kritik des Bundesverbandes

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) wies den Vorschlag der Monopolkommission entschieden zurück: „Sowohl direkte Erfahrungen aus den Ländern, die Quoten eingeführt haben, als auch die regelmäßigen Berichte und Gutachten der EU-Kommission belegen die Nachteile von Quotenmodellen beim Ausbau Erneuerbarer Energien: Sie sind weniger effizient und weniger effektiv als Systeme auf Basis von Einspeisevergütungen“, erklärte BEE-Geschäftsführer Björn Klusmann. „Leider ignoriert die Monopolkommission diese Erkenntnisse seit Jahren.“

Zum Stand des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt stellt die Monopolkommission fest, dass sich die Situation in den vergangenen zwei Jahren weiter verbessert habe. Insbesondere der Anteil der vier größten Stromerzeuger RWE, E.on, Vattenfall und EnBW sei rückläufig. Dazu beigetragen habe unter anderem der Verkauf des fünfgrößten deutschen Kraftwerksbetreibers Steag an ein Stadtwerke-Konsortium und die Abschaltung mehrerer Atomkraftwerke. Dennoch bestehe die „strukturelle Dominanz“ der vier Marktführer fort.

Quelle: Welt Online

Link: http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article13602535/Regierungsberater-wollen-Solarfoerderung-abschaffen.html

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