15.11.2013

Wer haftet für mangelhafte Module?

Karl-Heinz Remmers fragt ob nun auch die Modulzertifizierer haften müssen

Müssen die Modulzertifizierer nun auch für mangelhafte Module haften?

Die Nachrichten sind voll von dieser Meldung: "Im Skandal um Billig-Brustimplantate der französischen Firma PIP hat ein Gericht dem TÜV Rheinland eine Mitschuld zugewiesen. Das Handelsgericht im südfranzösischen Toulon entschied, dass der TÜV in dem Skandal haftbar sei, weil er seine Kontroll- und Aufsichtspflichten vernachlässigt habe. Deshalb müsse der TÜV für den Schaden der Importeure und Opfer aufkommen." (Zitat von tagesschau.de)

Sehr pikant ist dabei, dass das Gericht in erster Instanz dieses Urteil fällt, obwohl der TÜV sinngemäß argumentiert hatte, dass er selbst betrogen worden sei. Denn man habe nur das QS-System geprüft und das Produkt generell. Auch hätte es keine regelmäßigen Inspektionen gegeben - daher wird der TÜV nun auch die 2. Instanz anrufen.

Der Fall wurde bereits seit langem sehr kontrovers diskutiert, vor allem im Kontext der Frage der nahezu inflationären Vergabe von Prüfsiegeln und deren oftmals völlg enthemmten Nutzung im Marketing von Firmen. Die Mischung ist unheilvoll, denn die Verbraucher verlassen sich auf Siegel wie des TÜV (der diverse Gesellschaften hat und international breit gestreut ist) oder auch des UL oder des VDE. Ohne genau zu wissen, worauf sich deren Siegel beziehen.

Und so ist es auch in der Photovoltaik, wo sich nun die Frage stellt, ob VDE/ISE, UL, TÜV, etc. mit ihren Zertifikaten eine Mitschuld an mangelhaften Serienmodulen haben könnten. "Die Zertifikate sind doch eh nur Klopapier" - so die Meinung es internationalen Versicherers. Mittlerweile habe ich das mittlerweile dutzendfach aus der gesamten (Profi-) Wertschöpfungskette gehört. Wenn es also schon soweit ist (wir hatten die Frage u.a. auch in unserer Quality- Konferenz im Oktober aufgeworfen), was sind die Zertifikate dann noch wert?

Vor allem, wenn es nicht nur die Spatzen, sondern auch alle anderen Vögel von den Dächern zwitschern, wie die ach so genauen Zertifikate dann in der Serie unterlaufen werden."Kontrolliert doch eh keiner", "ist doch total egal, die kriegen es nicht mit", "wie sollen sie denn nachweisen, dass wir billige EVA nutzen?", "bei einem Dünnschichtmodul sind die Module doch ständig neu gefertig, was soll das also".

Krasse Aussagen von unverantwortlichen Betrügern? Nein, dass sind Zitat von guten Leuten aus dem Markt, denen die ganze Selbstbetrügerei zum Hals herauhängt - und vor allem, dass die offenkundigen massiven Verstöße nicht zu massenhaften Streichungen von Zertifikaten durch die Zertifizierer führt. Die gründlich die Nase voll davon haben, dass aus vermuteten massiven ökonomischen Zwängen und hohen Überkapazitäten die Zertifizierer in der Breite eben nichts tun, um das gute Geschäft der Zertifizierung nicht zu verlieren.

Nichts tun, hatte ja auch keine Folgen und wie ich schon oft geschrieben habe, war es großen Teilen des Martkes auch lange egal. Aber nun steht das Ganze in einem völlig anderen Licht.

Denn natürlich würde ich nun auch gegen die Zertifizierer klagen, wenn ich eben Schäden/ Mängel an Modulen, etc. nicht vom Hersteller ersetzt bekäme und sich die Zertifizierer zurückziehen würden. Das Urteil und die Begründungen aus Frankreich dürften interessante Aufschlüsse dazu geben, auch für andere Gutachten aus Laboren deren Inhalte fachlich so krude daneben sind und dann nur noch mit juristisch fadenscheinigen Relativierungen ankommen, um vor allem sich selbst zu retten. Oder auch deren Schlüsse sich auf keinesfalls erwiesene Zusammenhänge stützen und am Ende dem Kunden die Schuld für die extrem seltsamen Messungen zuschieben.

Ich hoffe, dieser Teil der Branche hört den Kanonendonner aus Frankreich, laut und klar.

Denn in Sachen Absicherung der Qualität in der gesamten Kette ist die Photovoltaik kein Teenager, sondern ein Säugling. Und ich habe die Kacke in den Windeln nach vier richtigen Kindern auch gründlich satt. Ändern wir es!

Quelle: pv magazine Deutschland
Link: http://www.pv-magazine.de/meinung/blogdetails/beitrag/mssen-die-modulzertifizierer-nun-auch-fr-mangelhafte-module-haften_100013151/

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