10.08.2012

Wärmebildkameras - wenn PV-Anlagenbesitzer Rot sehen

Man sieht es einer PV-Anlage nicht an, ob Sie ordnungsgemäß läuft und ob sie ihre volle Leistung bringt. Man sieht es ihr nicht an, ob eine PV-Anlage ordnungsgemäß läuft und ob sie ihre volle Leistung bringt. Produkt-, Planungs- und Aus­führungsfehler können den Ertrag einer Anlage mindern. IR-Kameras spüren Defekte auf, die man mit bloßem Auge nicht sieht.

Bereits geringe Teilausfälle können eine PV-Anlage während ihrer Laufzeit durch Mindererträge unrentabel machen. Die Infrarot-Thermografie deckt Fehler auf, sichert die Qualität und Produktivität einer Anlage und dient dem vorbeugenden Brandschutz. Vieles, was dem Auge verbor­gen bleibt, kann per Infrarottechnik loka­li­siert werden: Durch Verschattungen, Ver­un­reinigungen und andere Gründe ver­ur­sachte Über­­hitzungen einzelner Zellen, fehlerhafte Module, Anschluss- und Ver­schaltungsfehler können unter Last detektiert und analysiert werden. Neben einer überdurchschnittlichen IR-Kamera­technik setzt die PV-Thermografie allerdings Photovoltaik- und Thermografie-Fachwissen sowie viel Erfahrung voraus.

Stimmt die Leistung noch?

Viele PV-Anlagen sind schon lange am Netz. Doch wer kann schon genau sagen, ob die Leistung noch stimmt? Teilweise werden Erträge zwar am Jahresende überprüft, doch aufgrund unterschiedlicher Sonnen­stunden, Aus­richtungen oder  Verschattungssitua­tio­nen lassen sich auch gleichartige An­la­gen kaum miteinander vergleichen. Nur schwerwiegende Defekte können so erkannt werden.

Gerade bei größeren Anlagen sind aber periodische Unter­suchun­gen unerlässlich, denn auch kleine Störun­gen können in der Summe große Verluste verursachen. Teilausfälle von 10 bis 15 % generieren bereits Mindererträge, die eine Anlage während einer 20-jährigen Laufzeit unrentabel machen können. Dem kann die Infrarottechnik vorbeugen. Schon mit einem kurzen Kameraschwenk lassen sich Probleme erkennen – noch bevor es zu ernsthaften Störungen oder gar Ausfällen und damit zu empfindlichen Ertragseinbußen für den Betreiber kommt. Die PV-Thermografie dient aber nicht nur der Qualitäts- und Produktivitätssicherung, sondern auch dem vorbeu­genden Brandschutz: Modul- oder Anschlussfehler können im Extremfall Brände auslösen und nicht nur Anlagen oder Anlagenteile zerstören, sondern auch Gebäude in Mitleidenschaft ziehen. Zwar sind einige herstellungs- oder installationsbedingte Fehler wie Zelleinschlüsse, Zellrisse, so genannte Delaminationen (Schichtablösungen) oder fehlerhafte Kabelanschlüsse auch optisch ohne Hilfsmittel erkennbar.

Vieles bleibt dem Auge aber verborgen und wird erst messtechnisch nachweisbar: So kann man etwa mit einer Kennlinienmessung einzelnen Modulen oder Modulsträngen auf den Zahn fühlen.

Dabei muss indes in den Stromkreis eingegriffen werden, was zeitaufwändig ist und den Anlagenbetrieb stört. Auch mit Anlagenüberwachungssystemen und Datenloggern zur kontinuierlichen Aufzeichnung von Anlagendaten sind Kontrollen möglich. Damit lassen sich jedoch nur Verluste in einer Größenordnung ab einem KW erkennen. Auch An­la­gen­komponenten wie elektrische Ver­bindungen oder Wechselrichter können überprüft werden. Sinnvoll sind Über­prüfungen sowohl unmittelbar nach der Anlagen-Inbetriebnahme als auch im Rah­men regelmäßiger Inspektionen.

Nicht jede Thermografiekamera und jeder Thermograf eignet sich jedoch für die Kontrolle von PV-Anlagen, denn an die Kameratechnik und die Messperson werden bestimmte Anforderungen gestellt. So sollte die Kamera zunächst über eine thermische Empfindlichkeit (so genannter NETD-Wert) von mindestens 0,08 K verfügen, damit auch kleinste Temperaturunterschiede aufgedeckt werden können. Für die Untersuchung größerer Anlagenflächen ist eine Detektorauflösung von mindestens 320 x 240 Pixeln erforderlich. Sinnvoll ist eine Wechseloptik, damit man sowohl Detail- als auch Übersichtsaufnahmen machen kann. Kameras, die diesen Anforderungen genügen, kosten mindestens 5000 €.

Besser geeignet sind Modelle mit höherer thermischer Empfindlichkeit (ab 0,06 K) und Detektorauflösung (640 x 480 Pixel). Kameras mit diesen Leistungsdaten gibt es inzwischen bereits ab 12000 €. Eine eingebaute oder separate, möglichst hoch auflösende optische Digitalkamera erleichtert die Zuordnung und Auswertung der Thermogramme. Ein dreh- und schwenkbares LC-Display ermöglicht bequeme Über-Kopf-Aufnahmen.

Last but not least sollte die Kamera über einen optischen Sucher verfügen, denn auf dem häufig auch noch spiegelnden LC-Display lässt sich bei starker Sonneneinstrahlung kaum etwas erkennen.

Doch nicht nur die Kamera – auch die Bedienperson muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Sie muss Wissen aus den Bereichen Bau-, PV- und Elektrothermografie mitbringen. Nur mit fundierten Kenntnissen aus diesen Fachgebieten können Fehler an PV-Anlagen erkannt und richtig beurteilt werden. Über die Kamerabedienung hinaus muss die Messperson Fehlerquellen und Grenzen der Thermografie kennen sowie die Messergebnisse korrekt interpretieren können.

Rahmenbedingungen müssen stimmen

Die wichtigste Voraussetzung für eine thermografische Untersuchung von PV-Modulen ist eine ausreichende Sonneneinstrahlung. Das ist die momentane Ener­gie­einwirkung auf eine Fläche in der Ein­heit kW/m². Sie lässt sich beispielsweise mit einem einfachen Photodetektor oder einem präziseren Pyranometer, möglichst unmittelbar am Solarmodul messen.

Standort und lokale Wetterbedingungen üben ebenfalls einen Einfluss aus. Deshalb sollte man im Vorfeld Informationen über die Zugänglichkeit der Anlage sowie detaillierte Wetterprognosen, ergänzt durch Echtzeit-Regenradarbilder einholen. Da Wolken die Sonnenein­strah­lung verringern und zusätzlich stö­rende Reflexionen verursachen, sollte der Himmel möglichst wolkenlos sein. Jeder Luftstrom auf der Solarmodul-Oberfläche führt zu einer die Messung verfälschenden Abküh­lung durch Konvektion. Deshalb ist ein windstiller Tag optimal.

PV-Anlagen werden im Lastbetrieb untersucht. Je nach Solarzellen­typ und Art des Defekts können aber auch Messungen im Leerlauf oder Kurzschluss zusätzliche Informationen liefern. In jedem Fall sollte man sich vor der thermografischen Untersuchung über den Betriebszustand der Anlage Gewissheit verschaffen: entweder durch einen Blick auf den Wechselrichter oder – nach einer ersten thermografischen Aufnahme – durch Abschattung einer Modulzellen-Hälfte.

Zeigt eine zweite Aufnahme, dass diese nach etwa einer halben Minute heiß läuft, ist die Anlage in Betrieb. Bei der Messung müssen mehrere Parameter eingestellt, respektive bei der Interpretation berücksichtigt werden: Am wichtigsten für eine korrekte Angabe absoluter und relativer Temperaturen im Thermogramm sind der so genannte Emissionsgrad und die Reflexionstemperatur.

Bei der Kameraaufstellung ist zu berücksichtigen, dass weder die Messperson noch die Kamera Modulbereiche verschat­ten, sich im Modul spiegeln oder die Sonnen­strahlen in Kamerarichtung reflektiert werden.

Interpretation und Auswertung

Die Interpretation von Thermogrammen ist wohl der heikelste Teil der PV-Thermografie. Zum einen können Messfehler zu Fehlinterpretationen führen, zum anderen erfordert sie PV-Fachwissen. Nicht zuletzt ist Erfahrung und fast schon kriminalistischer Spürsinn erforderlich, um echte Schäden von banalen, durch Reflexionen oder temporäre Einflüsse bedingte Effekte unterscheiden und richtig einschätzen zu können. Für die Auswertung, Optimierung und Nachjustierung der Thermogramme und deren Zusammen­stellung zu aussagekräftigen und nach­vollziehbaren Berichten offerieren die Anbieter von IR-Kameras Auswertungs­programme – für die korrek­te Deutung und Auslegung ist jedoch alleine der Thermograf zuständig.

Viele im Thermogramm erkennbare Anomalien lassen per se nicht auf eine eindeutige Fehlerursache schließen. Während die Erwärmung mehrerer einzelner Zellen in einem Modul (so genanntes „Patchwork“-Muster) meist durch Defekte, interne Kurzschlüsse etc. verursacht wird, kann ein so genannter Hot Spot (lokale Überhitzung einer einzelnen Solarzelle) im PV-Modul sowohl auf eine, etwa durch eine Verschmutzung bedingte, partielle Abschattung als auch auf einen Zellriss hinweisen.

Eine übersichtliche, nach PLZ-Bereichen sortierte Liste kompetenter Thermogra­fen, deren Zertifizierung und Spezialisierung finden Sie auf der Seite des Bundesverbands für Angewandte Thermografie (www.vath.de).

Dipl.-Ing. (Architektur) Marian Behaneck

Quellen/Literaturhinweise

ZAE Bayern e.V.: Abschlussbericht der Machbarkeitsstudie zur Überprüfung der Qualität von Photovoltaik-Modulen mittels Infrarot-Aufnahmen, Erlangen 2007
DIN 54162 / DIN EN 473: Zerstörungsfreie Prüfung - Qualifizierung und Zertifizierung von Personal für die thermografische Prüfung - Allgemeine und spezielle Grundlagen für Stufe 1, 2 und 3, Beuth 2006
Weinreich, B.: Wärme entlarvt den Fehler, aus: Sonne, Wind & Wärme 14/10, Bielefelder Verlag, Bielefeld
InfraTec: Schulungsunterlagen zum Seminar PV-Thermografie, Infratec GmbH, Dresden 2012
Schindel, B.: Thermografie in der Photovoltaik: Mit dem Auge der Schlange, Gebäude-Energieberater 10/11, Gentner-Verlag
Flir Technik-Bericht: Wärmebildkameras - ein schnelles und zuverlässiges Werkzeug für die Überprüfung von Solarmodulen, FLIR Commercial Systems B.V., Breda

Quelle: RE Regenerative Energien
Link: http://www.re-online.info/artikel/ep_Wenn_PV-Anlagenbesitzer_Rot_sehen__1457036.html
Links zum Artikel